Das slawische Erbe in unseren Orts- und Flurnamen

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Man rechnet mit ihnen in der südlichen Steiermark, im Kärntner Jauntal oder in anderen grenznahen, slowenische Minderheiten beheimatenden Landesteilen, nicht aber in unseren Breiten. Die Rede ist von Toponymen slawischer Herkunft, die sich wider Erwarten auch im Bezirk Liezen und den direkt anschließenden Gebieten finden.

Wie kommt es, dass die Namen von Bergen, Gewässern und Ortschaften in einer Region fernab der Landesgrenzen und ohne autochthonen slawischen Bevölkerungsanteil slawischen Ursprungs sind? Der Grund hierfür reicht zurück in die Zeit der Völkerwanderung, im Zuge derer im 6. Jahrhundert slawische Stämme auf das Gebiet des heutigen Österreichs gelangten und sich auch im Steirischen Ennstal und Salzkammergut, dem Ennspongau sowie im südlichem Ober- und Niederösterreich niederließen.

Zwar wurden die sogenannten Alpenslawen im Laufe des Mittelalters von ab dem 8. Jahrhundert zuziehenden Baiern weitgehend assimiliert, die neuen germanischsprachigen Siedler übernahmen jedoch in vielen Fällen die slawischen Orts- und Flurbezeichnungen. Aufgrund lautlicher Anpassung an das Bairische und sprachlichen Wandels über die Jahrhunderte hinweg sind diese heute aber meist nicht mehr als Toponyme slawischer Provenienz zu erkennen. Volksethymologische Deutungen wie im Falle des Grimmings verwundern daher nicht.

Dessen Name wird fälschlicherweise oftmals nach der Lautform vom Adjektiv „grimmig“ abgeleitet und die mächtige Erhebung als „der grimmige Berg“ bezeichnet. Tatsächlich ist der Name aber wohl slawischen Ursprungs. Sprachwissenschaftler haben die Form grmnik „Donnerberg“ (vgl. slow. grom „Donner“ und grmeti „donnern“) rekonstruiert. Berge, insbesondere markante Monolithen wie der Grimming, werden häufig mit Göttern in Verbindung gebracht. Man vermutet, dass das Wahrzeichen des Ennstals den heidnischen Slawen als Sitz des Donnergottes Perun galt. Interessantes Detail am Rande: Der Name des unweit verlaufenden Donnersbachs sowie des/der gleichnamigen Tals bzw. Ortschaft leitet sich vermutlich vom germanischen Donnergott Donar ab.

Auch Gewässerbezeichnungen sind slawischer Herkunft. Ein Beispiel dafür ist die Liesing, deren Name Linguisten als lěštnika „Haselbach“ (vgl. slow. lešnik „Haselnuss) rekonstruiert haben. Noch zahlreicher als die slawischen Flur- sind jedoch die Ortsnamen. So war Schladming vor etwa eineinhalbtausend Jahren vermutlich als slapnik(a) „Ort am Wasserfall“ (vgl. slow. slap „Wasserfall“) bekannt. Die in einer Quelle aus dem 12. Jahrhundert verzeichnete Form „Slaebnich“ lässt den ursprünglichen slawischen Namen noch gut erahnen.

Der Name des heutigen Ski-Mekkas dürfte sich auf den Riesachwasserfall im Rohrmooser Untertal, den höchsten Wasserfall der Steiermark, beziehen. Bei der Benennung von Gröbming dürfte sich die slawische Bevölkerung von der markanten Kammspitze inspirieren haben lassen. Der Ortsname entwickelte sich wohl aus greb(en)nik(a) „Kamm, Kammberg“ (vgl. slow. greben „Kamm“), die hochmittelalterlichen Formen „Grebin“, „Grebnich“, „Grebinicha“ und „Grebenich“ lassen die slawische Bezeichnung noch relativ deutlich erkennen.

Im Falle von Windischgarsten verweist der Wortteil „Windisch-“ auf eine slawische Besiedelung des Ortes, ist aber nicht slawischer Herkunft. Als „Winedi“, „Winadi“ oder „Winden“ bezeichneten die Germanen bereits im Frühmittelalter ihre slawischen Nachbarn und „Windisch“ war bis ins 19. Jahrhundert die gebräuchliche deutsche Bezeichnung für die Slowenen und deren Sprache.

LBN-WOHIN
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