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Aus’n Leb’n – Interview mit Hannelore Greinecker-Morocutti, Illustratorin aus Rottenmann

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Aus’n Leb’n – Interview mit Hannelore Greinecker-Morocutti, Illustratorin aus Rottenmann Fotos: Greinecker-Morocutti

Frau Greinecker-Morocutti, Sie sind Illustratorin. Was genau machen Sie?

Ich zeichne Graphic Novels, das sind illustrierte Romane, Bilderbücher und Illustrationen. Die Technik, mit der ich arbeite, nennt sich Scraperboard, dabei wird mit einem Schabwerkzeug aus einer schwarzen Oberfläche herausgearbeitet. Soviel ich weiß, bin ich die einzige Künstlerin in Österreich, die derzeit mit dieser Technik arbeitet.

Wie haben Sie Ihre Begabung erkannt und wodurch weiterentwickelt?

In der Schule in Rottenmann habe ich meinen ersten Zeichenwettbewerb gewonnen. Später bin ich nach Graz und habe eine Ausbildung als Grafikdesignerin gemacht. Danach ging ich nach Salzburg, arbeitete als selbstständige Grafikdesignerin und hatte nebenbei zahlreiche Ausstellungen. Da ich von zu Hause aus gearbeitet habe, hatte ich den Vorteil, dass ich so meine Kinder großziehen konnte. Der Durchbruch, wenn man das so nennen kann, kam 2003. Ich hatte an einem Wettbewerb mit 1.500 Teilnehmern bei der Leipziger Buchmesse teilgenommen und schaffte es unter die ersten fünf Preisträger. Das war eine große Bestätigung für mich, dass ich auf dem richtigen Weg bin. In Zusammenarbeit mit dem Zentrum für jüdische Kulturgeschichte Salzburg zeichnete ich dann die Graphic Novel „Der Himmel zwischen den Mauern“, in der es um Janusz Korczak (poln. Arzt, Kinderbuchautor u. bedeutender Pädagoge) ging, der 1942 freiwillig 200 Kinder seines Waisenhauses in die Gaskammer des Vernichtungslagers Treblinka begleitete, obwohl das auch für ihn den Tod bedeutete. 2011 wurde mir dann dafür eine Einzelausstellung im Rahmen des NEXTCOMIC- Festivals angeboten.

Warum haben Sie sich einem solch tragischen Thema gewidmet?

Im Nachhinein betrachtet glaube ich, dass ich dieses Thema innerlich mit der damaligen Krebserkrankung verbunden habe. Das Zeichnen hat mir irrsinnig geholfen, die Krankheit zu bekämpfen und schlussendlich auch zu besiegen.

Woher nahmen Sie die Energie, einen solchen Schicksalsschlag zu bewältigen?

Ich habe so einen Spruch, und zwar: „Ich glaube nicht an Wunder, ich verlasse mich auf sie!“ Das spielt sich alles im Kopf ab. Selbst als ich Krebs hatte, hatte ich nie die Vorstellung, dass ich sterben würde. Solange ich immer noch ein Projekt im Ärmel habe und auf etwas hinarbeiten kann, besteht auch Hoffnung. Für mich sind Glück und Liebe Entscheidungen. Und meiner Meinung nach gibt es nichts, aus dem man nicht auch einen positiven Gewinn herausholen kann. Erst durch die Krankheit habe ich z. B. erfahren, für welch eine starke Frau mich meine zwei Söhne halten. Das hat mir sehr viel Kraft gegeben.

Bild aus dem Bilderbuch „Ich war ein glückliches Kind“
Bild aus dem Bilderbuch „Ich war ein glückliches Kind“.

Welche Bedeutung hat Geld für Sie?

Wenn ich die Entscheidung hätte zwischen einer Million Euro, die ich dafür bekomme, dass ich nie wieder zeichne, und der Möglichkeit, zu zeichnen und Bilder zu erschaffen, wäre mir das Geld komplett unwichtig. Weil dieses Gefühl, das ich habe, wenn mir eine Zeichnung wirklich gut gelingt, ist ein Gefühl, so als wenn Sie sich verlieben würden (lacht).

An was arbeiten Sie zur Zeit?

Da ich in Pension bin – ich bin 65 Jahre alt – kann ich mich jetzt wirklich auf das konzentrieren, was ich immer schon machen wollte. Unter anderem arbeite ich zurzeit an dem Bilderbuch „Boris und der Delphin“ nach einer wahren Begebenheit. Ein gestrandeter Delphin wird von einem jungen Mann gerettet und mit einem Taxi zurück ins Meer gebracht.

Wie sind Sie auf diese Geschichte gestoßen?

Die Medien sind vollgepackt mit schrecklichen Nachrichten und ich achte darauf, was für Bilder ich in meinen Kopf lasse. Was ich erst einmal in mir drinnen habe, bekomme ich nicht mehr heraus. Darum habe ich mir vorgenommen, eine der wenigen positiven Meldungen in Bilder umzusetzen.

Wann zeichnen Sie?

Meistens in der Nacht. Ich glaube, ich bin der einzige Mensch in Rottenmann, der nachts um drei noch das Licht brennen hat. Hier bin ich auf mich selber zurückgeworfen und praktisch dazu gezwungen, aus mir selbst etwas herauszuholen.

Was empfehlen Sie jungen Talenten, die beruflich als Maler- Innen erfolgreich werden wollen?

Man muss es schaffen, einen eigenen Stil zu entwickeln. Stil besteht aus dem, was man gut zeichnen kann, und aus dem, was man vertuschen will, weil man es nicht so gut beherrscht. Wenn ich z. B. die Gelenke von Kühen nicht gut zeichnen kann, dann lasse ich sie ganz einfach im einen Meter hohen Gras stehen (lacht). Außerdem ist es ganz wichtig, sich mit anderen Malern auszutauschen, damit man ein Gespür dafür entwickelt, wo man selbst steht.

Welches Bilderbuch würden Sie besonders für Kinder empfehlen?

„Der gute Wolf“ von Peter Nickl und „Es schneit“ von Komako Sakai.

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