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Aus’n Leb’n – Interview mit Hugo Tannwalder aus Rosenau am Hengstpass

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Herr Tannwalder, wie kam es dazu, dass Ihnen vom oberösterreichischen Landeshauptmann Josef Pühringer die Landesverdienstmedaille verliehen wurde?

Das war für meine Verdienste im Tourismus und meine langjährigen Tätigkeiten bei Alpenverein und Bergrettung. Außerdem war ich zwölf Jahre bei der Bergwacht im Naturschutzdienst tätig, habe Wanderführer, Texte für Oberkrainer Musikstücke und Gedichte verfasst.

Wann sind Sie dem Alpenverein beigetreten und wie war das, als sie damals angefangen haben, die Berge zu erklimmen? Gab es da auch schon ein großes Netz an Wanderwegen?

Dem Alpenverein bin ich Ende der Sechzigerjahre beigetreten. Heute haben wir hier in der Pyhrn-Priel-Region über 300 Kilometer markierte Wanderwege, das war damals natürlich noch nicht so weit ausgebaut. Region inklusive Eisenwurzen beinhaltet ja immerhin 76 Gipfel über 1.500 Meter und davon 37 Zweitausender.

Ich nehme an, Sie haben alle 37 Zweitausender hier erklommen?

Na ja selbstverständlich, nicht nur einmal. Ich hatte einmal eine Phase, wo ich wahnsinnig gerne bei Vollmond Bergsteigen ging. Ich kann also sagen, dass ich da überall bei Vollmond auch oben war (lacht). Eine Wintervollmondnacht z. B. am Großen Pyhrgas, das ist einfach unbeschreiblich, wahnsinnig kalt, aber unbeschreiblich schön! Und absolut einsam, da ich meine Vollmondtouren fast alle alleine gemacht habe, da hätte mir nichts passieren dürfen.

Gehen Sie denn gerne alleine in die Berge?

Ganz früher war ich ein wahnsinnig schneller Geher mit einer Riesen- Kondition, nicht zuletzt, weil ich in der Forstwirtschaft gearbeitet habe. Ich war für mein schnelles Gehen so berüchtigt, das wollte sich keiner antun (lacht)! Mein großer Fehler in den Jugendjahren war, dass ich viel zu wenig fotografiert habe, weil alles schnell sein hat müssen. Wenn auf einer Wegtafel zwei Stunden angeschrieben waren, habe ich höchstens eine dafür gebraucht. Da bin ich an allem vorbeigelaufen. Jetzt im Alter ist das umgekehrt. Ich nehme mir Zeit, habe den richtigen Blick für all die Blumen, einfach für alles, was links und rechts vom Weg ist.

Wie haben Sie Ihre Kindheit in Erinnerung?

In den Kriegs- und Nachkriegsjahren ist man kurzgehalten worden. Mein Unglück war noch dazu, dass ich ein uneheliches Kind war und damals war man als uneheliches Kind ein Mensch zweiter Kategorie. Das Essen war knapp, heute kann man sich nicht mehr vorstellen, nur von Erdäpfeln und Rüben zu leben. Viele Kinder, darunter auch ich, waren damals schwer TBC-krank. Im Alter zwischen neun und elf Jahren wäre ich daran fast gestorben. Ich brauchte sehr lange, um mich davon zu erholen. Ich hätte immer gerne den Försterberuf erlernen wollen, aber die Mutter hat gesagt, ich habe zwei gesunde Hände, also hinaus ins Leben mit mir. Für die teure Forstschule war kein Geld da. Und da ich ein uneheliches Kind war, hat sich mein Vater nicht um mich gekümmert. Also habe ich als Vierzehnjähriger begonnen, im Forstdienst zu arbeiten. Schwere Holzarbeit, z. B. mit der Handsäge, war da etwas ganz Normales. Ich weiß noch, dass mein erster Stundenlohn 4,20 Schilling betrug. Schlussendlich hat mich aber nichts davon umgebracht, ich lebe heute noch und es waren trotzdem schöne und erlebnisreiche Tage, auch wenn wir eine Sechzig-Stunden-Woche hatten und nur 14 Tage Urlaub im Jahr.

Wenn Sie sich noch einmal ein von Ihrer Mutter zubereitetes Gericht wünschen könnten, was wäre das?

Ganz einfach zum Frühstück noch einmal ihren Sterz, wer kann denn das heute noch, aus schwarzem Mehl einen Sterz mit gekochten Erdäpfeln und jeder Menge Butterschmalz. Mit dieser Mahlzeit ist man den ganzen Tag gesättigt gewesen und war fit für die härteste Arbeit. Aber ihren Kaiserschmarren würde ich auch nicht verschmähen, das ist jetzt eine schwere Entscheidung (lacht).

Wie hat sich dann in weiterer Folge der Tourismus in der Region entwickelt?

So richtig setzte der Tourismus in den Sechzigerjahren mit dem Skifahren ein. Wir waren immer schon das Naherholungsgebiet von Wels, Linz und Steyr. Der erste Berg zum Skifahren war der Wurbauerkogel. Der wurde dann abgelöst von Höss und Wurzeralm. Ich kann mich noch gut erinnern wie an den Samstagnachmittagen die alten Dampflokomotiven Scharen von Menschen in den Zügen herbrachten. Dann sind alle mit Fellen auf den Skiern vom Bahnhof losmaschiert. Heutzutage probiert man mit Schnapsideen wie der eines Tunnels unter dem Warscheneck, quer durchs Naturschutzgebiet, als Verbindung zwischen Wurzeralm und Höss noch mehr Skifahrer anzulocken. Gott sei Dank wurde dieses Vorhaben verhindert.

Welchen Wanderweg empfehlen Sie hier für Wanderer ab 70 Jahren?

Na ja, zum Beispiel unsere schöne Kammwanderung von Windischgarsten nach Spital/Pyhrn. Das ist eine schöne Wanderung, die ca. drei Stunden in Anspruch nimmt und auch für betagtere Wanderer zu schaffen ist. Für den Weg retour steht dann das Wandertaxi zur Verfügung.

Herr Tannwalder, was bedeutet Glück für Sie?

Ich bin 75 Jahre alt, habe fünf gesunde Kinder, die alle gut im Leben stehen. Mir war es vergönnt, die gesamten Alpen vom Wienerwald bis zur Côte d’Azur zu durchstreifen, wodurch ich auch noch heute bei meinen Wanderführungen sehr viel sachliche Informationen über die Alpen weitergeben kann. Das alles ist mein großes Glück. Und vielleicht finde ich sogar noch einmal eine Partnerin, mit der ich die Leidenschaft für Natur und Berge teilen kann.

Foto: König

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