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Aus'n Leb'n - Interview mit Walpurga Gewessler aus Altaussee

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Frau Walpurga Gewessler (Jahrgang 1925) aus Altaussee erzählte uns von ihrem halbjährigen Aufenthalt als 24-Jährige im Jahr 1949 in Vermont/ USA.

Aus'n Leb'n - Interview mit Walpurga Gewessler aus Altaussee Foto: König

Frau Gewessler, wie kam es dazu, dass Sie 1949 für ein halbes Jahr in die USA reisten?

Durch den Kontakt von Hans Gielge (damals Lehrer in Bad Aussee) zu Dr. Donald Watt (Der US-Amerikaner Donald B. Watt gründete 1932 die Austauschorganisation „The Experiment in International Living“). Mr. Watt sah im Heimatmuseum in Bad Aussee einen alten Bauernschrank, der ihm so gut gefiel, dass er sich einen von meinem Mann nachbauen ließ. Danach lud er uns ein, die Bibliothek seines Hauses in Vermont zu gestalten. Mr. Watt bezahlte die Reise, wir hätten uns das ja niemals leisten können, wir hatten nichts am Ende des Krieges. Und so machten wir uns im Frühjahr 1949 auf den Weg nach Le Havre in Frankreich. Da wir kein Visum für Deutschland bekamen, mussten wir über die Schweiz nach Frankreich fahren.

Sie traten Ihre Reise also auf einem Schiff an?

Ja, mit der MS America, das war damals das größte und neueste Schiff der Vereinigten Staaten mit 500 Mann Besatzung. Die Reise dauerte fast eine ganze Woche.

Wie war das für Sie, als Sie in New York ankamen?

In der Dämmerung erreichten wir New York, aber man hat uns nicht vom Schiff gelassen, da unser Gastgeber vergessen hatte, Geld für uns zu hinterlegen, damit er Besuch aus Europa überhaupt empfangen durfte. Wir haben eineinhalb Tage auf Ellis Island (Immigrantenstelle) verbracht. Die Freiheitsstatue haben wir nur von hinten gesehen. Es war furchtbar wie viele Menschen dort in einer riesigen Halle dieses ehemaligen Gefängnisses eingesperrt waren.

Konnte Mr. Watt die Angelegenheit dann für Sie regeln?

Ja, Mr. Watt war sehr wohlhabend durch seinen Vater und ein Mann mit einem unheimlichen Wissen und einer starken Ausstrahlung.

Und dann machten Sie sich auf den Weg nach Vermont?

Ja, zuerst nach Boston. Wir waren mit einem neuen Pontiac unterwegs. Dann nach Putney, wo Mr. Watt sein im Salzburger Stil gebautes Holzhaus hatte. Er nannte Vermont immer das Salzkammergut der Vereinigten Staaten. Eines Tages bat er uns, einen Bauernhof zu begutachten. Ich sehe uns heute noch da stehen, jeder mit einem riesigen Stück Zuckermelone in der Hand, die Kerne spuckten wir von der riesigen Terrasse und diskutierten, ob Mr. Watt dieses Haus, das zum Verkauf stand, für seinen Sohn kaufen sollte oder nicht. Ja ich glaube er hat gekauft (lacht). Wir haben dann aber viel gearbeitet und die Bibliothek von Mr. Watt gestaltet. Alles mit einer einzigen holzverarbeitenden Firma weit und breit!

Wie fühlten Sie sich, als Sie wieder zurück in Österreich waren?

Als wir über die Pötschenstraße fuhren, kam uns plötzlich alles so eng vor, das waren wir gar nicht mehr gewohnt! (lacht)! Die jüngste Tochter von Mr. Watt hat uns noch oft besucht weil es ihr in Altaussee so gut gefallen hat. Eines muss ich halt schon sagen: Diese Reise war für uns ein ausgesprochener Glücksfall. Die Erfahrungen, die wir gesammelt haben, haben uns sehr bereichert. Das trägt man ein Leben lang in sich. Verdanken haben wir das alles eigentlich dem Herrn Gielge.

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