Die vielen Gesichter des Keanu Schröfl

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Mit gerade einmal 21 Jahren hat sich der junge Meister mit seiner Schnitzkunst bereits einen Namen gemacht. Wir werfen einen Blick in die Werkstatt des äußerst talentierten Krampusmaskenschnitzers aus Selzthal.

Keanu Schröfl widmet sich mit Leidenschaft der Brauchtumspflege und Schnitzerei. Keanu Schröfl widmet sich mit Leidenschaft der Brauchtumspflege und Schnitzerei. Foto: MSV Visuals

Keanu Schröfl – Ein jedes Werk ist ein Unikat.Keanu Schröfl – Ein jedes Werk ist ein Unikat. Foto: MSV Visuals
Bei uns im Ennstal, wo die Winter lang und die Traditionen tief verwurzelt sind, lebt und arbeitet ein bemerkenswerter junger Künstler. Keanu Schröfl ist ein Meister im Schnitzen von Krampusmasken und jedes seiner Werke ist ein echtes Unikat. „Mir gefallen die kleinen, aber feinen Unterschiede, ich will nicht, dass irgendetwas von mir gleich aussieht“, sagt der Krampusfan der alle seine Masken ohne Vorlage, ohne Skizzen, rein mit seiner ausgeprägten Fantasie erschafft. Bei seinen vielen Auftragsarbeiten nimmt er gerne gewisse Wünsche seiner Kunden entgegen, was Nase, Zähne oder Augen betrifft. Zum Rest meint er selbstbewusst: „Lasst’s mi bitte mein Teil einbringen.“ Und die schaurig furchterregenden Ergebnisse können sich sehen lassen, und wie.

Ungezähmte Kreativität

An einem kalten Novembertag, der erste Schnee ist gerade gefallen, begeben wir uns in jenes Dorf, wo sich Paltental und Ennstal vereinen und betreten die Werkstatt von Keanu. Ein Ort der Magie und Kreativität. Im Winter, wenn der Schnee die Landschaft in eine stille, weiße Decke hüllt, zieht er sich besonders gerne in die warme Werkstatt zurück. Hier, umgeben von Holzspänen, wo sich der Geruch von frisch bearbeitetem Zirbenholz oft mit duftendem Weihrauch und Gstanzlmusi vermischt, versinkt er in sein vielfältiges Schaffen. Die Wände sind gesäumt von fertigen und unfertigen Masken, jede mit ihrem eigenen Charakter und Ausdruck. „Wenn ich die fertige Maske dann sehe, kann ich mich gar nicht mehr daran erinnern, wie ich das ganze gemacht habe“, meint er wortkarg auf die Frage, in welchen Zustand er bei der Ausübung seines Handwerks verfällt. Während das Stück Holz in seinen Händen merkbare, erste Gesichtszüge annimmt, erzählt Keanu uns, dass ihm das Schnitzen alles bedeutet und er sich in dieser Tätigkeit tage-, ja wochenlang verlieren kann.

Talent formt Tradition

Von klein auf war der gelernte Maschinenbauer vom Krampus begeistert. Damals, als er sich selbst noch am 5. Dezember unter der Eckbank verkroch, spürte er schon die schaurig schöne Faszination für diese Figur. In der Volksschule gewann er zweimal einen steiermarkweiten Zeichenwettbewerb. Im Alter von acht Jahren fand der Bub mit seinem Großvater zufällig eine Krampusmaske im Sperrmüll. Gemeinsam brachten sie diese in Form. Später dann, beim Wichteln im engen Familienkreis, wies ihm das Schicksal einen Lindenholzblock und Stemmeisen zu. „Ich habe es einfach ausprobiert und von Maske zu Maske gelernt, mein Werkzeug besser zu führen.“ Mit 14 Jahren wurde der junge Schnitzer schließlich mit einer ersten Krampusmaske beauftragt. Für weihnachtliche Stimmung mitten im Ort Selzthal sorgen seit 2019 seine lebensgroßen Krippenfiguren bestehend aus Maria und Josef mit dem Jesukind. 16-jährig hat er sie aus einer 300 Jahre alten Linde aus dem Stift Admont geschaffen. Sehr dankbar ist Keanu seinen Eltern, die ihm schließlich erlaubten, zu Hause seine eigene Werkstatt zu bauen, ohne der vieles erst gar nicht möglich gewesen wäre, wie er betont.

Beseeltes Holz

Der Prozess der Maskenherstellung ist aufwendig und erfordert Geduld und Geschick. Keanu arbeitet vorwiegend mit Zirbenholz. Zuerst beginnt er mit präzisen Schnitten und viel Fingerspitzengefühl, die groben Formen herauszuarbeiten. Mit einer faszinierenden Leichtigkeit erweckt er mit seinen Schnitzmessern das Holz zum Leben. Dann wird das Teil ausgehöhlt und die Hörner montiert. Zum Einsatz kommen nur echte Hörner, am besten von Bauern aus dem näheren Umkreis. Danach folgt das Bemalen der Maske und das Anbringen des Kopffells. Zu guter Letzt wird jede Maske ausgepolstert und an das jeweilige Gesicht angepasst. Ausstellungen macht Keanu nur sehr selten. „Das Schnitzen soll mein Hobby bleiben“, sagt er bescheiden. Ob das so bleiben wird, wird sich weisen. Trotz seines jungen Alters hat der Schnitzer bereits eine beeindruckende Fangemeinde in der Krampusszene. Und so entstehen immer wieder neue, faszinierende Gesichter, die die Menschen in ihren furchterregenden Bann ziehen.

Heit is Krampusnocht

Mit der Risores Pass vertreibt Keanu jedes Jahr die bösen Geister. (Foto: Christoph Draxl)Mit der Risores Pass vertreibt Keanu jedes Jahr die bösen Geister. (Foto: Christoph Draxl)Das Leben von alten Traditionen hält der Künstler hoch. „Für mich ist und bleibt der eigentliche Krampustag der 5. Dezember“, sagt er. Gemeinsam mit dem Nikolaus und dem Körberlmau, der die Geschenke für die Kinder in seinem Korb trägt, zieht er auch heuer von Haus zu Haus und saugt die besondere Stimmung an diesem Tag – der ein faszinierendes Beispiel für die Mischung aus heidnischen und christlichen Traditionen darstellt – hingebungsvoll auf. Aber auch mit der von ihm gegründeten Risores Pass vertreibt Keanu jedes Jahr die bösen Geister. Die Freude der anderen mit seinen Masken ist ihm dabei das größte Lob. Ja jetzt ist sie wieder da, die Zeit, in der Keanus Masken zum Leben erwachen und die schaurigen Gesichter durch kalte Winternächte tanzen.
„Und, warst du brav?“

Geduld und Geschick sind bei der Maskenherstellung gefragt.Geduld und Geschick sind bei der Maskenherstellung gefragt. (Fotos: MSV Visuals)

 

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