Abt Gerhard Hafner über Kindheit, Stille und das Warten auf das Wesentliche
Der Advent duftet für Abt Gerhard Hafner nach Reisig, Weihrauch – und Bratwürsteln mit Sauerkraut. Schon als Kind war diese Zeit für ihn etwas ganz Besonderes. Aufgewachsen in Trieben, in einem behüteten Zuhause mit Eltern, die Halt und Wärme gaben, spürt er bis heute den Zauber jener Wochen vor Weihnachten.
Ich bin sehr wohlbehütet aufgewachsen“, erinnert sich Abt Hafner. „Das Haus meiner Eltern stand direkt an der damaligen Durchzugsstraße in Trieben.“ Sein Vater arbeitete als Schlosser bei den Magnesitwerken, die Mutter war Hausfrau und stets für die drei Kinder präsent. „Schon als Kind bin ich gerne mit meiner Mutter am Sonntag zur Messe gegangen“, erinnert sich der Abt. „Sie war dem Glauben gegenüber sehr offen, wenn meine Geschwister nicht mitwollten, hatte sie damit kein Problem.“ Die Mutter war es auch, die die Familie an den Adventabenden um den Kranz versammelte. „Dieses bewusste Zeitnehmen im Familienverband empfinde ich als etwas ganz Wichtiges. Es war schön für mich zu sehen, wie Woche für Woche eine leuchtende Kerze dazukam. Diese Kindheitserinnerungen und der Duft von Reisig und Weihrauch sind für mich bis heute fest mit der Adventzeit verwoben“, erzählt er. Und fügt schmunzelnd hinzu: „Auch der Duft von Bratwürstel mit Sauerkraut gehört dazu, muss ich gestehen, weil wir das immer an Heiligabend gegessen haben.“ Streng geblieben ist er bis heute bei einem Familiengebot: „Stille Nacht durfte bei uns niemals vor dem Heiligen Abend gespielt werden – das habe ich von meiner Mutter übernommen. Diese Order gilt auch heute noch auf unserem Adventmarkt (lacht).“
Zwischen Stille und Begegnung
Im Stift Admont lebt der Advent zwischen klösterlicher Stille und festlichem Treiben. Die frühen Rorate-Messen berühren besonders: „Ein kleiner Kerzenschein in der stockdunklen Kirche reicht aus, um Orientierung zu geben. Es gibt viele Formen von Dunkelheit – wenn wir mit Krankheit, Streit oder Tod konfrontiert werden. Das Licht ist ein Zeichen von Hoffnung.“ So wie Jesus sagte: „Ich bin für euch das Licht der Welt“. Die Botschaft des Advents ist für den Seelsorger eng mit dem Warten verbunden. „In Zeiten, wo alles am besten sofort passieren sollte, ist Warten eine schwierige Herausforderung“, meint er. Doch gerade diese Haltung sei wesentlich, um das Weihnachtsfest im Herzen zu erleben. „Ich nütze die Weihnachtszeit immer für viele Besuche. Es ist die Zeit, wo wir uns alle vornehmen sollten, etwas gegen die Einsamkeit zu tun. Zeit ist das schönste Geschenk, das wir machen können, verbringen wir sie mit anderen, schenken wir Freude.“
Den Blick auf das Gute richten
Im klösterlichen Alltag erlebt Abt Gerhard, wie wertvoll Momente der Stille sind. „Nach einem stressigen Tag sich gemeinsam zum Adventkranz setzen und sich etwas Zeit der Stille gönnen – das ist sehr selten geworden. Die sogenannte ‚Zeit der Stille‘ ist oft die hektischste Zeit im Jahr.“ Diese Stille aber, sagt er, sei wichtig, um nach innen zu schauen: „Man kann jeden Tag aufs Neue versuchen, manches anders zu machen.“ Wenn er die Botschaft von Weihnachten in einem Satz zusammenfassen müsste, wählt er die Worte des Evangeliums: „Ehre sei Gott in der Höh und Frieden den Menschen auf Erden.“ Abt Hafner betont: „Bei aller globalen Verunsicherung können wir nur dazu beitragen, Friede im eigenen Umfeld zu stiften – das ist unser Einflussbereich.“ Dabei erinnert er an einen prägnanten Satz des ehemaligen Dechanten Eduard Toblier: „Machs wie Gott und werde Mensch – mit allen Konsequenzen, die uns Jesus vorgelebt hat.“ Gerade in Zeiten gesellschaftlicher Spannungen sieht der Abt den Blick auf das Gute als entscheidend. „Es herrscht viel Unsicherheit, man wird sich der eigenen Ohnmacht bewusst. Gerade deswegen sollten wir unseren Blick auf das unzählig Gute richten, das uns umgibt. Ich bewundere es sehr, wenn Menschen andere pflegen oder Eltern ihren Kindern Liebe schenken. Leider richten viele Medien den Blickpunkt mehr auf das Negative als auf das Positive. Diese Flut an negativen Nachrichten macht etwas mit uns. Wir müssen ganz bewusst auch all das Gute wahrnehmen, das uns tagtäglich umgibt und passiert.“
Die zeitlose Botschaft von Weihnachten
Die vielen Begegnungen in der Weihnachtszeit sind berührend für den Geistlichen. Besonders, wenn er in Pflegeheime kommt oder die weihnachtlichen Gottesdienste feiert. „Wenn an Heiligabend Stille Nacht gesungen wird, haben viele Tränen in den Augen. Als emotionaler Mensch rührt mich das sehr.“ Zum Schluss wünscht Abt Gerhard Hafner eine gesegnete Weihnachtszeit: „Dass wir alle einen schönen Christtag im Kreise von Menschen erleben dürfen.“ Ein Satz von Papst Benedikt XVI. begleitet ihn dabei besonders: „Wer glaubt, ist nie allein.“ Der Abt fasst es schlicht zusammen: „Wer an Jesus Christus glaubt, muss konkret beim Mitmenschen wieder auftauchen. ‚Ich glaube an Gott‘ heißt auch ‚Ich helfe den Menschen.‘ Beides bedingt sich gegenseitig.“ Die zeitlose Botschaft von Weihnachten bleibt für ihn klar: anderen etwas Gutes zu tun und den Glauben an Gott und Jesus Christus zu vertiefen. „Das größte Geschenk, das wir machen können, ist uns einander Zeit zu schenken – echte, ungeteilte Zeit. Momente, in denen wir zuhören, miteinander still werden und spüren, dass Nähe und Aufmerksamkeit das Wertvollste sind, was wir einander geben können.“ ◻
