Bei der "Traudl" wohnt noch ein Stückerl gute, alte Zeit
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Ruhig ist es. Gleich beim Reinkommen, ums Eck, da schreiben Skiasse aus aller Welt gerade beim Weltcup in Saalbach im Slalom Geschichte. Dort in der Ecke des 1960 erbauten Hauptteils des gemütlichen Gasthauses in Wildalpen steht nämlich der Fernseher, dessen Inhalte man vom Stammtisch aus gut verfolgen kann. Gleich neben dem Fernseher steht noch ein Tisch, der Haustisch sozusagen. Da sitzt Edeltraud Grabner und lässt die Anstrengungen des Mittagsgeschäfts für ein paar Minuten pausieren. Aufmerksam verfolgt sie das Renngeschehen.
Wer rastet - der rostet
Neue Gäste sind da. Sie bestellen Kaffee und Kuchen. Bedächtigen Schrittes steuert die 85-jährige Wirtin des Café Restaurant Grabner in Wildalpen auf den Kaffeeautomaten zu. Im Oktober des vergangenen Jahres stürzte die agile Geschäftsfrau ganz unglücklich und zog sich dabei leider schwere Verletzungen zu. Nach längerem Aufenthalt im Krankenhaus und einer längeren Pause als Gastgeberin lässt sie jetzt der Not keinen Schwung mehr. Die Tage im Gasthaus sind lang. Von 9 bis 23 Uhr im Durchschnitt, ganz ohne Ruhetag. Auf die Frage, ob das nicht etwas viel wäre, entgegnet die rüstige Wildalpenerin: „Das ist schon immer mein Leben. Ich kenne das nur so und so ist es für mich auch normal und in Ordnung. Jetzt ist eh die ruhigere Zeit. Das kommt mir im Sinne des Heilens meiner Verletzung entgegen. Aber im Frühling, wenn die Motorradsaison beginnt und die Bootfahrer wieder da sind, da geht’s dann ganz schön um.“
Übernahme im Alleingang
Unmittelbar nach Abschluss der Hotelfachschule in Bad Gleichenberg sammelte Edeltraud Grabner sechs Sommer- und Wintersaisonen lang gastronomische Erfahrung in der Französischen Schweiz. Im heimatlichen Betrieb hat sie in der Zwischensaison fleißig mitgeholfen. „Damals gab´s noch kein Stempelgeld in der Zwischensaison“, bemerkt die Gastronomin und erinnert sich an die herausfordernden Zeiten. „Zuhause war viel zu tun. Ich hab mit meinen Eltern gemeinsam geschaut, dass das Geschäft gut geht. Das war natürlich harte Arbeit. 1974 habe ich das Gasthaus übernommen und nach und nach dazugebaut. Das waren dann durchaus anspruchsvolle Zeiten.“
A bissl Blödsinn gehört halt dazu
Die Vielfalt an Menschen, die bei Edeltraud ein und ausgegangen ist, ist ein Umstand, den die 85-jährige Wirtin im Gespräch immer wieder hervorhebt. „In diesem Haus ist schon so viel Lustiges passiert. Das war früher a bissl anders als heute. Man hat sich gegenseitig gehänselt. Nichts, wo wer zu Schaden gekommen ist, aber einfach a bissl a Schmäh wurde gemacht. Zum Beispiel heimlich etwas Wichtiges vom Moped entwendet und versteckt, während herinnen Karten gespielt wurde. Das musste dann wieder ausgelöst werden. Es war sehr unterhaltsam. Von Jung bis Alt fanden sich da die verschiedensten Leute ein. Ich habe auch viele bekannte Gäste, die gerne und immer wieder hierherkommen. Zum Beispiel war der Bundespräsident Heinz Fischer zu Besuch. Oder auch Rudolf Kirchschläger“, erzählt Frau Grabner und blättert im Gästebuch, wo die Einträge genannter Persönlichkeiten mit Dankesschreiben und ein paar persönlichen Worten zu finden sind.
Echt und unverfälscht
Am Nebentisch hat ein Paar Platz genommen. Die Wildalpener Wirtin begrüßt die beiden und offeriert, was es heute gibt. Mit frischer Birnentorte und zwei Achterln kehrt die rüstige Gastgeberin zurück an den Tisch. Für ein „Update“ der Stammgäste aus Göstling nimmt sich Edeltraud Grabner Zeit. Das ist für sie wichtig, der Austausch und der Kontakt zu den Gästen. „Ich mag es echt und unverfälscht und ich unterhalte mich gerne mit den Leuten, die hierherkommen“, betont sie und zupft dabei das Tischdeckerl wieder in die richtige Position. Deswegen und wegen dem guten, bodenständigen Essen genießt auch das Pensionistenpaar aus Göstling den Sonntag hier bei Edeltraud im Restaurant Café Grabner.
(K)einen Mangel leiden
Nach dem kleinen Unfall geht’s jetzt mit der Wildalpenerin wieder bergauf. „Es fehlt mir an nichts, außer an zwei zusätzlichen Arbeitskräften für die kommende Sommersaison“, stellt die sympathische Frau fest. „Das ist leider ein Mangel, den wir Gastwirte erleiden, der Arbeitskräftemangel.“ Für die Küche und für das Service wird gesucht. Das bestehende, tatkräftige Team ergänzt. An Vielfalt, Freude und interessanter Arbeit mit einer sehr charmanten und erfahrenen Wirtin soll es den neuen Mitarbeitern nicht fehlen, wenn sie sich für das Arbeiten im größten Wohnzimmer Wildalpens entscheiden.
Text und Fotos: Petra Schuster