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Ein Lion für die Lioness

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Anna ist Teil der Mehrzeckhubschrauberstaffel im Fliegerhorst Fiala-Fernbrugg in Aigen im Ennstal. Als Hubschrauber- und Bordtechnikerin sorgt sie für den komplikationslosen und einwandfreien Flugbetrieb der neuen Hubschrauberflotte AW 169 – kurz „Lion“.

Ein Lion für die Lioness Foto: Petra Schuster

 Mit 20 Jahren startete die Ennstalerin ihre Karriere beim Österreichischen Bundesheer. „Die Luftfahrt war schon immer mein Thema. Ursprünglich wollte ich Pilotin werden. Als Leistungssportlerin war für mich nach der Matura klar, dass es zwei Optionen gibt, meinen Traum in Österreich zu verfolgen. Die Polizei oder das Bundesheer. Für Zweiteres habe ich mich entschieden“, beschreibt die 27-Jährige ihren Einstieg in ihr Arbeitsleben. Nach der Grundausbildung, die eineinhalb Jahre gedauert hat, absolvierte Anna die Ausbildung zur Hubschrauber-Technikerin. Obgleich der Hubschrauber-Pilotenschein sich zum damaligen Zeitpunkt nicht verwirklichen ließ, kam sie mit einer weiteren Möglichkeit dem Traum vom Fliegen näher. „Ich hatte die Chance, zusätzlich zur Hubschraubertechnikerin auch noch eine Ausbildung zur Bordtechnikerin zu machen. Als Bordtechnikerin bin ich auch bei den Flügen dabei und für technisch reibungslose Abläufe und die Sicherheit bei Bergungen und Einsätzen zuständig“, beschreibt die sportliche Wachtmeisterin ihr Handlungsfeld im Team. Zu ihren Aufgaben bei Flugeinsätzen gehört auch das optimale Positionieren des Hubschraubers mithilfe eines Joysticks. „Gute räumliche Auffassungsgabe und Entschlossenheit sind als Bordtechnikerin ein Muss. Nachdem wir immer mit Menschen zu tun haben, geht es also um Menschenleben. Es heißt hier akribischst zu arbeiten“, unterstreicht die Soldatin die Verantwortung, die mit ihrer Berufswahl einhergeht.

Von der Lerche zum Löwen

57 Jahre lang schrieb die gebirgserprobte und zuverlässige „Alouette III“ in der Luftfahrt des Österreichischen Bundesheeres Geschichte. Mit dem Beschluss der Bundesministerin für Landesverteidigung, Klaudia Tanner, die österreichischen Luftstreitkräfte bis zum Jahr 2028 mit 36 neuen Hubschraubern der Marke Leonardo (Lion) auszustatten, wurde auch die Sicherstellung des Erhalts des Fliegerhorstes Fiala-Fernbrugg gewährleistet. Im Hangar der Kaserne Aigen zeigen sich die ersten Mehrzweckhubschrauber in ihrer vollen Pracht. Für Anna hat sich damit schlagartig auch ein Umdenken und Einstellen auf eine „neue Flotte“ aufgetan. Die neuen Umstände entsprechen ihrem wissbegierigen Naturell: „Ich mag Herausforderungen und ich schätze es, neuen Aufgaben mit einer gewissen Neugierde entgegenzutreten. Der „Lion“ ist ein sehr moderner Hubschrauber und bringt im Vergleich zur Alouette III völlig neue „Features“ mit. Wir hegen hier einen guten, fachlichen und auch kollegialen Austausch. Das ist eine wirklich wichtige Basis für gelungene Arbeit.“

Präzision ist Voraussetzung

450 Soldaten sorgen aktuell in der Kaserne Fiala-Fernbrugg für die Verteidigung und den Schutz des Landes. Gut ein Prozent davon sind Frauen. Die 27 Jahre alte, ehemalige Biathletin verbringt also viele Stunden ausschließlich mit männlichen Kollegen. Diese Tatsache hätte sie wohl weiters nicht als Besonderheit bemerkt, wäre das nicht eine explizite Fragestellung im Rahmen des Interviews gewesen. „Die Halle ist ein Ort, an dem man mit ganz viel Klarheit und unbeirrbarer Präsenz arbeiten muss. Ich war schon immer technisch interessiert, bin zielstrebig, verantwortungsbewusst und stehe zu hundert Prozent hinter meinen Entscheidungen. Hier dürfen keine Fehler passieren. Wenn ich Fragen habe, mir etwas unklar ist, dann frage ich. Egal wie oft. Wie gesagt, Fehler können beim Arbeiten an den Hubschraubern fatale Folgen haben und müssen vermieden werden“, betont die Technikerin.

Von Airtime und Fairtime

Als ehemalige Leistungssportlerin braucht Anna die Bewegung. „Als Arbeitgeber schätze ich das Bundesheer sehr. Um Ausgleich zu meinem Betätigungsfeld zu schaffen, ist Sport hier ausdrücklich erwünscht. Mein Job fordert mich natürlich hinsichtlich des durchgehend konzentrierten Arbeitens. Wenn ich aus persönlichen Gründen gedanklich tatsächlich einmal nicht optimal bei der Sache sein kann, dann arbeite ich an diesem Tag nicht am Gerät, sondern bin aus Sicherheitsgründen mit Alternativen betraut, oder kann mich auf meine körperliche Fitness konzentrieren“, erzählt sie vom Arbeitsalltag in der Kaserne, setzt sich den neuen Helm auf und steigt in den „Lion“. Oberstleutnant Koller hat das System zu Demonstrationszwecken extra hochgefahren und wir werfen gemeinsam einen Blick auf das hochmoderne Cockpit. Der Kommandant der Hubschrauberstaffel der Kaserne Aigen ist Annas Vorgesetzter. Im Gespräch mit ihm wird deutlich, dass die berufliche Laufbahn der Wachtmeisterin in dieser Form eine ungewöhnliche ist. „Um eine Ausbildung als Techniker/in oder Bordtechniker/in zu machen, muss man keine Matura haben. Jedoch ist für den Ausbildungszweig Techniker/in eine Lehre in einem metallverarbeitenden Beruf Voraussetzung. Insofern war die Frau Wachtmeister im Grunde überqualifiziert, aber die Vehemenz, mit der sie diesen Weg eingeschlagen und die Idee verfolgt hat, war beeindruckend. Das Ergebnis ist ausgezeichnet. Es ist anzunehmen, dass das noch nicht das Ende ihrer Reise ist“, kommentiert Oberstleutnant Koller aus dem Cockpit lächelnd.


Aus Datenschutzgründen wurde der Name der Interviewten von der Redaktion geändert.
Text und Fotos: Petra Schuster

 

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