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Klaus-Emmerich Herzmaier: Der Bürgermeister von Trieben im Interview

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Trieben, die ehemalige Magnesitstadt im Paltental, hat mit finanzieller Belastung aus der Vergangenheit, Murendrama und RHI-Schließung turbulente Zeiten hinter sich. Über aktuelle Entwicklungen, zukünftige Projekte und Herausforderungen, mit denen die Stadt konfrontiert ist, spricht Bürgermeister Klaus Herzmaier, der bei der Gemeinderatswahl 2025 die absolute Mehrheit der SPÖ noch ausbauen konnte, im Interview.

Klaus-Emmerich Herzmaier: Der Bürgermeister von Trieben im Interview Foto: Nicole Seiser

 LBN: Sie haben das Amt des Bürgermeisters im April 2024 von Ihrem Vorgänger Helmut Schöttl übernommen. Die Gemeinderatswahl Ende März 2025 war Ihre erste als Spitzenkandidat. Sie haben eine hohe Zustimmung und mit der SPÖ-Fraktion die Zweidrittelmehrheit im Gemeinderat erreicht, in Zeiten wie diesen keine Selbstverständlichkeit. Was waren Ihre ersten Gedanken und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den politischen Mitbewerbern?
Herzmaier: Ich habe mich über das Wahlergebnis sehr gefreut. Es war auch der Erfolg eines breitgefächerten Teams, das meine Fraktion aus der Triebener Bevölkerung zusammenstellen konnte. Politische Mitbewerber haben in der Vergangenheit versucht, mit diversen Behauptungen Politik zu betreiben, die jedoch dem Wahrheitsbeweis nicht standgehalten haben. Ich versuche, gemeinsame Schnittmengen für sachlich begründete Politik mit den Mitbewerbern zum Wohle der Gemeinde für Entscheidungen auf breiter Basis zu finden. Mein Zugang ist jedoch, dass die stärkste Kraft auch die Richtung vorgeben soll.

Der „Lange Ernst“ prägt nur noch für kurze Zeit das Stadtbild von Trieben, der Schornstein, ein Teil des ehemaligen RHI-Magnesita-Werks, soll noch heuer abgetragen werden. (Foto: KK)Der „Lange Ernst“ prägt nur noch für kurze Zeit das Stadtbild von Trieben, der Schornstein, ein Teil des ehemaligen RHI-Magnesita-Werks, soll noch heuer abgetragen werden. (Foto: KK)Die Stadtgemeinde Trieben hat eine wechselvolle Geschichte und finanzielle Altlasten aus der Vergangenheit zu tragen. Ist das heute noch spürbar?
Es ist richtig, dass Altlasten in Höhe von 30 Millionen Euro aus der Vergangenheit vorhanden waren, diese konnten jedoch von meinem Vorgänger bereits zu mehr als zur Hälfte getilgt werden. Das Weiterlaufen dieses Prozesses ist natürlich auch für den derzeitigen Betrieb der Gemeinde eine Belastung. Wir versuchen laufend, das Beste für die Gemeinde zu erreichen und sind mit den Finanzinstituten in gutem Kontakt.

Die finanzielle Situation aller Gemeinden ist derzeit angespannt, wie geht man in Trieben damit um, welche Projekte können realisiert werden bzw. müssen zumindest vorerst zurückgestellt werden?
Mir ist es wichtig, dass Projekte nicht abgesagt, sondern aufgrund der derzeitigen Situation zurückgestellt werden. Wenn es die finanzielle Situation wieder erlaubt, ist die Umsetzung wieder im Plan. Der Neubau eines zweiten Kindergartens mit Kinderkrippe ist schubladenfertig, über den Neubau des Altenpflegeheimes sind noch Gespräche mit dem Pflegeverband notwendig, wobei der Standort Trieben für uns außer Diskussion bleibt. Sanierungen der Gemeindestraßen, des Sportplatzes, Errichtung des Kletterparks sind in Warteposition. Vor Kurzem wurde eine Photovoltaikanlage der Stadtgemeinde Trieben mit einer Leistung von ca. 1 Megawatt auf gemeindeeigenem Grund errichtet und fertiggestellt. Diese Anlage bringt auf lange Sicht der Gemeinde Einnahmen und erzeugt erneuerbare Energie. Weiters werden wir uns mit dem Thema Energiegemeinschaft auseinandersetzen. Das Wildbach-Verbauungsprojekt Dietmannsdorf kann heuer abgeschlossen werden, voraussichtlich ab 2026 soll das Verbauungsprojekt Triebenbach – sehr wichtig für die Sicherheit der Stadt – in Angriff genommen werden. Am Rande sei erwähnt, dass im heurigen Sommer der erste Bauabschnitt der Fa. Kohlbacher für die Errichtung von insgesamt über 100 Wohneinheiten (Mehrfamilienhäuser, Reihen- und Doppelhäuser) fertiggestellt wird.

Derzeit laufen die Abbrucharbeiten am ehemaligen Betriebsgelände von RHI-Magnesita. Der „Lange Ernst“ muss noch warten. (Foto: KK)Derzeit laufen die Abbrucharbeiten am ehemaligen Betriebsgelände von RHI-Magnesita. Der „Lange Ernst“ muss noch warten. (Foto: KK)Die Schließung des Produktionsbetriebes der RHI-Magnesita und der damit verbundene Verlust von ca. 200 Arbeitsplätzen war für Trieben ein negativer Einschnitt, konnte dieser kompensiert werden und wie ist die weitere Entwicklung des Industriegebietes geplant?
Der Verlust an Kommunalsteuereinnahmen für die Gemeinde konnte nicht kompensiert werden. Das gesamte Werksgelände wurde von einer Verwertungsgesellschaft erworben, mit dieser stehe ich in gutem Kontakt. Es gibt laufend Gespräche mit Interessenten an den vorhandenen riesigen Industriegrundstücken. Sobald konkrete Ergebnisse vorliegen, können weitere Informationen folgen. Bis dahin ersuche ich um Geduld. Ich bin guter Dinge, dass an diesem Standort wieder Betriebe entstehen. Derzeit erfolgt der Abbruch der Werksgebäude, wobei auch das „Wahrzeichen von Trieben“, der Schornstein „Langer Ernst“, noch heuer abgetragen werden soll. Diesbezüglich müssen aber alle behördlichen Genehmigungen abgewartet werden. Es wird eine detaillierte Information an die Bevölkerung und die Medien über die Art und Weise und den Zeitpunkt des Abbruches ergehen.

Die Bevölkerung von Trieben hat sich in einer Volksbefragung mehrheitlich für die Errichtung eines Windparks ausgesprochen. Das wäre der erste Windpark in der Region. Wie steht die Gemeinde zu diesem Projekt, wie weit ist man in der Umsetzung?
Das raumordnungsrechtliche Verfahren ist derzeit im Stadium der Einwendungsbehandlung. Das heißt, dass der Gemeinderat alle Einwendungen gegen die Umwidmung dieser Flächen im Örtlichen Entwicklungskonzept und im Flächenwidmungsplan behandeln muss. Dieser sogenannte „Endbeschluss“ des Gemeinderates ist dann zur Genehmigung der Steiermärkischen Landesregierung vorzulegen. Bei einer positiven Entscheidung des Landes ist noch ein UVP-Verfahren (Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren) durchzuführen. In diesem Verfahren ist die Steiermärkische Landesregierung Behörde, die Gemeinde hat keinen Einfluss mehr auf den weiteren Verfahrensgang. Eine Prognose für den Umsetzungszeitpunkt kann daher schwer abgegeben werden. Vor Durchführung der Volksbefragung hat sich der Gemeinderat einstimmig ausgesprochen, dem Ergebnis Rechnung zu tragen. Ich sehe das als Auftrag der Bevölkerung. Der Windpark bringt neben dem ökologischen Effekt Vorteile für die Stadtgemeinde Trieben als Industriestandort.

Trieben ist die einzige Standortgemeinde in der Region mit einer berufsbildenden technischen höheren Bildungsanstalt. Welche Aufgaben ergeben sich für die Stadtgemeinde Trieben, wie ist die Auslastung und welche Berufschancen ergeben sich für die Absolventen?
Die Stadtgemeinde Trieben ist Standort einer dislozierten Außenstelle der HTL Zeltweg mit dem Schwerpunkt Robotik & Smart Engineering sowie eines berufsbegleitenden Abendlehrganges der HTL Kapfenberg mit dem Schwerpunkt Maschinenbau und Automatisierungstechnik.
Die Auslastung ist mit einer Schüleranzahl von ca. 100 unverändert hoch, die Zusammenarbeit mit den Direktionen Zeltweg und Kapfenberg ist sehr gut. Es besteht das ständige Bemühen, attraktive Lehrpläne zu schaffen und Synergien zwischen Schule und Industrie zu nutzen. Als langfristiges Ziel ist die Schaffung eines Lehrcampus als Schnittstelle zur regionalen Industrie in Zusammenarbeit mit der Bildungsregion Paltental angedacht, damit die Fachkräfte in der Region gehalten werden. Im Gegensatz zu anderen Gemeinden mit dem Sitz von Bundesschulen müssen für dislozierte Außenstellen die Gemeinden für die Schulerhaltung (Gebäude, Reinigung, Verwaltung usw.) aufkommen. Hier leistet die Stadtgemeinde Trieben einen wesentlichen Beitrag für die Region, da die meisten Schüler keine Triebener sind. Ich möchte jedoch im Bereich Bildung nicht den Sparstift ansetzen. Die Schüler fühlen sich hier sehr wohl, das Niveau ist hoch und die von der Wirtschaft sehr begehrten Abgänger können sich die Betriebe aussuchen.

Wie soll sich die Stadtgemeinde Trieben weiterentwickeln und wo sehen Sie Trieben in 10 Jahren?
Ich wünsche mir, immer noch die gleiche Freude am Bürgermeisteramt zu haben, ausreichend Arbeitsplätze und Bildungsmöglichkeiten zu schaffen, die Gemeinde mit einem soliden Haushalt zu führen und sie so attraktiv zu gestalten, dass sie familienfreundlich und lebenswert ist, sodass die Bevölkerung gerne hier lebt und vielleicht sogar manche „Auswanderer“ hierher zurückkehren.

Das Amt des Bürgermeisters bedeutet neben einer hohen Verantwortung und einem extremen Zeitaufwand, in Zeiten wie diesen ständig mit Kritik aller Art konfrontiert zu werden. Wie gehen Sie damit um und was ist Ihre Motivation für die Ausübung dieses Amtes?
Der Zeitaufwand ist wirklich sehr hoch, anfänglich hatte ich noch ein anderes Bild von dieser Aufgabe. „Einem jeden recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann“ – alle Wünsche sind nicht erfüllbar. Ich versuche mit Herz und Verstand im Austausch mit der Bevölkerung Problemlösungen zu finden und auch mich selbst immer auf den Prüfstand zu stellen. Verantwortungsvolle Positionen habe ich immer gerne ausgeübt. In der Zeit meines Hauptschulbesuches wohnte ich mit meiner Mutter in Kapfenberg, verspürte jedoch immer den Wunsch, nach Trieben zurückzukehren. Meine Hauptmotivation ist es, in meiner zeitlich begrenzten Aufgabe Teil davon zu sein bzw. mitgestalten zu können, wie sich meine Heimatgemeinde weiterentwickelt. Ich lade auch gerne jeden Bürger ein, sich politisch zu engagieren nach dem Motto „Wir alle sind Trieben“. 


Interview: Dietmar Schwab

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