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Der Wasserfallweg bei Lessern

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Eine weitere Erzählung von Stefan Berger: Unweit der Ortschaft Lessern stürzt der Mühlbach rund 60 Meter über steile Felswände hinab. Die Geschichte des zu diesem Naturschauspiel führenden Klammwanderwegs reicht in die Zeit zwischen die beiden Weltkriege zurück, wie der in Wörschachwald aufgewachsene und heute in Liezen wohnhafte 85-Jährige zu berichten weiß. Berger war in den 1960ern maßgeblich an der Wiedererrichtung des Wegs beteiligt. In unserer aktuellen Printausgabe haben wir die Erzählung in gekürzter Form abgedruckt, hier die Geschichte in voller Länge.

Der Wasserfallweg bei Lessern Foto: Copula – stock.adobe.com

Es muss etwa 1930 bis 1935 gewesen sein. Zu dieser Zeit ist ein gewisser Roman Kreutzer der Wirt des Gasthauses vulgo Leitner in Lessern – heute das Gasthaus Zandl – gewesen. Er ist ein recht aufgeschlossener Mann gewesen, der erkannt hatte, dass man mit Sehenswürdigkeiten Gäste anlocken kann. Und dieser Roman Kreutzer hat in dieser Zeit den ersten Wasserfallweg errichtet. Und daher heißt seitdem das Gasthaus Leitner auch Gasthaus zum Wasserfall. Dann ist der Zweite Weltkrieg und mit diesem der Fremdenverkehr total zum Erliegen gekommen und der Wasserfallweg ist nicht mehr betreut worden und deshalb auch komplett verfallen.

Im Jahr 1961 bin ich nach Lessern gekommen. Ich wollte dort ein Haus mit Fremdenzimmern errichten und habe dazu Trinkwasser benötigt. Unweit des Bauern Johnsleitner hat es eine Quelle gegeben, in sehr unwegsamem Gelände. Diese Quelle habe ich gekauft und unter großem Aufwand gebaut eine Wasserleitung gebaut. Dabei ist mir der noch teilweise vorhandene Wasserfallweg aufgefallen. Zu dieser Zeit ist auch der Fremdenverkehrsverein Pürgg gegründet und ich zum Obmann gewählt worden. Neben dem Schwimmbad in Pürgg ist der Bau des Wasserfallwegs eine meiner ersten Arbeiten gewesen.

Im Fremdenverkehrsvereinsausschuss ist auch der Josef Sallfeldner aus Pürgg gesessen, ein pensionierter Eisenbahner und überaus fleißiger Mitarbeiter im Verein. Dieser Sepp Sallfeldner und ich haben nach meinen Vorstellungen den Weg neu errichtet. Der alte Weg hat bis zum Wasserfall am linken Steilhang entlanggeführt, vom Eingang der Klamm aus gesehen. Das ist beim Neubau nicht mehr möglich gewesen, zu viel Fels ist abgerutscht, und wir mussten einen Steg über den Bach auf die andere Seite hinüber bauen. Von dort haben wir dann den Weg ziemlich hoch hinaufgeführt, um Felswänden auszuweichen. Knapp vor dem Wasserfall geht es dann über Stufen wieder zum Bach hinunter.  

Da ja nicht immer durchgearbeitet werden konnte, sind die Arbeiten über fast zwei Jahre gegangen und bis endlich auch Geländer und Stufen gemacht waren, haben wir viele, viele Stunden geleistet. Schon nach zwei Jahren hat ein Hochwasser den Steg wieder weggerissen und er musste mit viel Aufwand neu errichtet werden. Um die Kosten der Errichtung und der Instandhaltung einigermaßen wieder hereinzubekommen, hat man später einen „Opferstock“ beim Katzensteiner an einem Baum angebracht und um freiwillige Spenden gebeten. Viele begeisterte Besucher haben ihre Geldbörsen geöffnet und geholfen, dass es den Weg heute noch gibt.

Die Betreuung des Wegs haben dann einige Jahre lang der Fritz Katzensteiner und später der Willi Sölkner erledigt, dann die Gemeinde Pürgg-Trautenfels. Trotz vieler Erdrutsche, Sturmschäden und Hochwasser ist der Weg Jahr für Jahr in einen hervorragenden Zustand gebracht worden. Inzwischen ist im Jahr 2015 Pürgg-Trautenfels mit Stainach zur Marktgemeinde Stainach-Pürgg zusammengelegt geworden und auch diese betreut weiterhin den Wasserfallweg. Welch ein Glück! Somit ist davon auszugehen, dass unser Werk noch lange bestehen bleibt und der Wasserfallweg noch von vielen Leuten besucht werden kann. 

Noch eine interessante Begebenheit: Die Grundeigentümer damals, 1961, sind der Hans Kreutzer vulgo Johnsleitner auf der rechten Uferseite sowie der Markus Zandl vulgo Gindl auf der linken Seite, dem Bachlauf entlang, gewesen. Um die Einwilligung der Grundbenützung musste ich Verhandlungen führen. Der Gindl hat sofort Ja gesagt und auch vom Johnsleitner ist zunächst kein Nein gekommen, aber später, als der Weg bereits fertiggestellt war, ist er plötzlich mit einem langen Vertrag gekommen. Bei einem Kirchgang in Pürgg hat er mir diesen am Dorfplatz zum Unterschreiben gegeben. Der Vertrag ist aber mit einigen Klauseln versehen gewesen, die nicht annehmbar gewesen sind, weshalb ich ihn vor den Augen des Herrn Kreutzer zerrissen habe.

Obwohl damit zu rechnen war, dass es ein gerichtliches Nachspiel geben könnte, habe ich den Fremdenverkehrsverein darüber gar nicht informiert. Aber es ist dann auch niemals mehr über dieses Thema oder den Vertrag gesprochen worden. Nur der Hans Kreutzer hat dann plötzlich noch andere Ideen im Zusammenhang mit der Quelle, die ich ihm abgekauft habe, gehabt. Er wollte nachträglich noch mehr Geld oder zumindest einen Wasseranschluss für ein Wohnhaus haben. Auch hier habe ich aber nicht zugestimmt, denn von derartigen Vorstellungen ist beim Kauf niemals die Rede gewesen. Freunde sind wir danach keine mehr gewesen, ich und der Kreutzer. Gott habe in selig!

LBN-WOHIN
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