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Pürgg: „Heben wir halt zum Baden so eine Grube aus“

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Pürgg: „Heben wir halt zum Baden       so eine Grube aus“ Foto: Karl

Der Wetterumschwung Ende August hat der Badesaison vielerorts ein jähes Ende bereitet, so auch im Naturbad Pürgg, an dessen Anfänge sich Erich Leitner senior für uns zurückerinnert hat. Sein Neffe Reinhold Leitner hat diese Erinnerungen aufgezeichnet.

Die Idee zum Bau eines Schwimmbads kam in Pürgg erstmals in den 1960er-Jahren auf, als ein langjähriger Gast – ein gewisser Professor Prack, der im Hause Ram bzw. Lösch zu urlauben pflegte – verkündete, dass es ihm „sehr leid“ tue, er jedoch künftig nicht mehr in diesen beschaulichen Ort kommen werde, da es hier noch immer kein öffentliches Schwimmbad gebe. So setzten sich einige Ortsbewohner unter der Führung von Josef Leitner vulgo Andräbauer und Herbert Krenn zusammen und debattierten, wie man dieses Problem lösen könnte. Es sollen dabei u. a. Aussagen wie „Heben wir halt zum Baden so eine Grube aus!“ gefallen sein. An ein gemauertes Bad dürfte man aus Kostengründen zu diesem Zeitpunkt also eher noch nicht gedacht haben, wohl eher an einen besseren Badeteich.

Ungünstige erste Standortwahl

Für den Bau stellte Josef Leitner ein Grundstück am Ortsanfang, südseitig der heutigen Zufahrtsstraße, zur Verfügung. Im sogenannten Moosacker, so die Überlegung, sollte das für einen Badeteich nötige Wasser auf jeden Fall in ausreichender Menge vorhanden sein. Das war es auch, und zwar in so großer Menge, dass das eingesetzte, mit einem Tieflöffel versehene Raupenfahrzeug im sumpfigen Gelände versank. Obwohl alle Pürgger Bauern mit ihren Traktoren anrückten, gelang es nicht, das schwere Gerät zu bergen, dies glückte erst unter Mithilfe eines von der Firma Stabel aus Stainach angeforderten Lkw.

Vom Badeteich zum Schwimmbad

Das erste Schwimmbad auf der Pürgg kurz nach seiner Eröffnung im Jahr 1968. (Foto: Sammlung Markus Schachner)Das erste Schwimmbad auf der Pürgg kurz nach seiner Eröffnung im Jahr 1968. (Foto: Sammlung Markus Schachner)Nach dem ersten Fehlversuch wurde ob eines alternativen Standorts beraten. Nach langem Hin und Her wurde schließlich der jetzige Standort etwas oberhalb des Orts gewählt. Wie das erste wurde auch dieses Grundstück von der Familie Leitner zur Verfügung gestellt, vor dem Schwimmbadbau musste allerdings noch die quer durch den Grund verlaufende Zufahrt zum Wilsberger-Anwesen nordseitig verlegt werden. Eine Maßnahme, der Herr Wilsberger gerne zustimmte, da für ihn damit eine Verbesserung einherging.

Sodann wurde mit dem Bau des Beckens begonnen. Weil das Bad auch als Wasserreservoir für die Feuerwehr ausgewiesen wurde, konnten wichtige Fördergelder vom Land Steiermark lukriert werden. Auch die Feuerwehr selbst leistete einen Beitrag, außerdem wurde im Ort für das Bad gesammelt, u. a. spendete die Waldgenossenschaft eine maßgebliche Summe. Beim Bau konnte jeden Abend und an den Wochenenden auf eine Mischmaschine, die zur gleichen Zeit beim Neubau der Volksschule im Einsatz war, zurückgegriffen werden. Der Beton wurde dann mit Traktoren zum Schwimmbad hinaufgebracht. Am 15. Juni 1968 wurde das Bad im Beisein von Landesrat Franz Wegart offiziell eröffnet.

Chlorierung Pi mal Daumen

Weil man sich anfangs noch keine automatisierte Anlage zur Chlorierung leisten konnte, führte der legendäre Bademeister Josef Salfellner, der „Staberer Sepp“, diese einfach mit Kübeln nach dem Pi-mal-Daumen-Prinzip durch. Schwimmende Badegäste hinderten ihn übrigens nicht an der notwendigen chemischen Behandlung – oftmals mit etwas „reizendem“ Erfolg. In den Folgejahren wurde dann im südwestlichen Bereich ein sogenannter Chlorbunker mit einer primitiven Regelungstechnik errichtet. Beim Bau kam es jedoch zu einem tragischen Unfall – Bademeister Sepp verlor beim Wechseln eines Schremmmeißels ein Auge.

Abriss und Neubau

Das neue Bad wurde 2008 fertiggestellt und eröffnet. Die Planung des Gröbminger  Architekturbüros Kreiner wurde zwar mit einem internationalen Preis ausgezeichnet, erwies sich jedoch in mancher Hinsicht als nicht praktikabel. So wurden etwa die  Holzböden rund um die Becken und auf der Terrasse schon bald ausgetauscht. (Foto: Markus Schachner)Das neue Bad wurde 2008 fertiggestellt und eröffnet. Die Planung des Gröbminger Architekturbüros Kreiner wurde zwar mit einem internationalen Preis ausgezeichnet, erwies sich jedoch in mancher Hinsicht als nicht praktikabel. So wurden etwa die Holzböden rund um die Becken und auf der Terrasse schon bald ausgetauscht. (Foto: Markus Schachner)1995 übernahm die Gemeinde das Schwimmbad vom Fremdenverkehrsverein, 2002 wurde es behördlich geschlossen, weil die Chlorierungsanlage nicht mehr dem Stand der Technik entsprach. Sodann wurde einige Jahre versucht, einen Neubau zu verwirklichen, was jedoch erst durch die Initiative des damaligen Bürgermeisters Kurt Tasch gelang. 2006 begann der Abriss des alten Bades, 2007 der Neubau, 2008 wurde das nunmehrige Naturbad Pürgg fertiggestellt. Die Eröffnung nahm der damalige Landeshauptmann-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer vor.

 

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