Die Zirbe – Königin der Alpen
- Autor/in: Christian König
Kein anderer Baum verkörpert die Kraft und Beständigkeit der Alpen so sehr wie die Zirbe. Sie wächst dort, wo andere längst aufgeben: bis auf beeindruckende 2.600 Meter. Manche stehen schon seit tausend Jahren, als Erinnerung daran, dass die Welt sich auch ohne uns weiterdreht.
Foto: Aggi Schmid - stock.adobe.comÜber tausend Höhenmeter wachsen Zirben unter Bedingungen, die kaum ein anderer Baum aushalten würde. Schnee, Regen, Sturm. All das hinterlässt Spuren. Doch die Zirbe weiß sich zu wehren. Ihr Überlebensgeheimnis liegt tief in der Erde: Ein weit verzweigtes Wurzelsystem verankert die Zirbe zwischen Felsen und Geröll. Es sorgt nicht nur für festen Halt, sondern schützt auch Hänge vor Erosion und Lawinen. So bewahrt die Zirbe nicht nur sich selbst, sondern auch Mensch und Tier vor den Launen der Gebirgsnatur. Wird sie verletzt, produziert sie Harz, das die Wunden schließt. Pinosylvin, einer der wichtigsten Inhaltsstoffe, hilft ihr dabei. Dieses natürliche Schutzmittel wirkt antibakteriell und schützt gegen Pilze und Bakterien – ein Grund, warum Zirbenholz so lange haltbar ist.
Alte Seelen aus Holz
Zirben werden älter als alle, die sie fällen. Manche Exemplare erreichen ein Alter von 700 bis 1.000 Jahren. Im Südtiroler Sarntal steht sogar eine über 1.100 Jahre alte Zirbe. Interessant ist auch: Je höher die Zirbe wächst, desto mehr Pinosylvin bildet sie. Je wilder der Ort, desto stärker der Baum. Zirben aus demAlpenraum haben doppelt so viel von diesem Stoff als günstigere Hölzer aus Russland oder Osteuropa. Man riecht den Unterschied, man spürt ihn sogar. Wer also echtes Zirbenholz will, sollte deshalb immer auf die Herkunft achten. Zirbenholz darf man nicht hetzen. Geschlagen wird es im Winter, wenn der Baum ruht und der Saft stillsteht. Dann trocknet man es langsam, ganz ohne Sonne, ohne Hitze. Ein Jahr, manchmal zwei. Wer ungeduldig ist, bekommt Risse – im Holz und im Ergebnis, denn die Zirbe mag keine Abkürzungen. Sie ist das Gegenteil unserer Zeit.
Die Zirbe im Gesäuse
In Österreich gibt es heute nur noch wenige geschlossene Zirbenwälder. In der Steiermark findet man sie im Dachsteinmassiv, im Toten Gebirge, im Gesäuse und rund um das Warscheneck. Im Nationalpark Gesäuse wachsen sie vor allem am Haselkogel in 1.500 bis 1.800 Metern Höhe – in lockerer Gemeinschaft mit Fichten und Lärchen. Vereinzelt trifft man sie auch im Hochtormassiv, auf der Seemauer oder am Zinödl. Weiters gibt es ein lokales Reliktvorkommen im „Zirbengartl“ am Fuße des Lungauer. Diese Bestände sind wahre Relikte aus kälteren Zeiten, ein Stück Urnatur mitten in den Alpen.
Im Zirbenrausch
So robust die Zirbe auch ist – sie ist keine unerschöpfliche Ressource. Immer öfter werden ganze Äste oder Wipfel abgerissen, nur um an die begehrten Zirbenzapfen zu gelangen, aus denen der berühmte Zirbenschnaps angesetzt wird. Das schadet nicht nur dem Baum, sondern auch dem empfindlichen Ökosystem. Erlaubt ist laut Forstgesetz nur das Sammeln der Früchte, die bereits am Waldboden liegen – und das aus gutem Grund. Früher wurde mit dieser Kostbarkeit achtsamer umgegangen: Ein kleines Fläschchen Zirbenschnaps stand in der Bauernstube, als Hausmedizin oder für besondere Gäste – „vergelt's Gott“.
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