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Oldtimer auf Burg Strechau – Ein Stück Automobilgeschichte

Eine wahrscheinlich weltweit einzigartig vollständige Ausstellung österreichischer PKW-Fabrikation der Marke Steyr ist auf Burg Strechau zu besichtigen.

Oldtimer auf Burg Strechau – Ein Stück Automobilgeschichte Boesch Privatstiftung

Was nur mehr wenigen bekannt sein dürfte: In den Jahren 1920 bis 1941 wurde in Steyr österreichische Automobilgeschichte geschrieben. In dieser Zeit wurden PKW produziert, die qualitativ die weltweite Konkurrenz nicht zu scheuen brauchten. Bei damaligen Straßenrennen wurden Konkurrenten wie Mercedes-Benz auf die Plätze verwiesen. Die Produktionspalette spannte sich vom Kleinwagen über Cabriolets bis zur Luxuslimousine.

Lebendiges Museum

Der Steyr Typ II des rumänischen KönigsDer Steyr Typ II des rumänischen KönigsDie Automobilsammlung befindet sich im Eigentum der Boesch Privatstiftung. Dem Burgherrn Wolfgang Boesch ist es eine Herzensangelegenheit, dass auf Burg Strechau ein Stück österreichische Geschichte und Ingenieurskunst publiziert wird. Bei der Restaurierung der Fahrzeuge wurde auf die Bewahrung einer möglichst originalen werksmäßig angebotenen Form Wert gelegt. Die ausgestellten Fahrzeuge sind fahrbereit und werden mehrmals jährlich benützt, es handelt sich um ein „lebendiges Museum“.

Das weltweit einzige fahrbare Modell des Steyr 630Das weltweit einzige fahrbare Modell des Steyr 630Rund um diese Fahrzeugsammlung kann der Hausherr auch abenteuerliche Episoden berichten. Dass es nicht einfach war, eine vollständige Sammlung zu erreichen, ist nachvollziehbar. So konnte unter anderem vom Schrottplatz in Tulln ein Steyr Typ 220 in den 1970er-Jahren gerettet werden. Ein weiteres Auto dieses Typs stammt aus der „Gebrüder Schlumpf Sammlung“ einer reichen Textilfabrikantenfamilie aus dem Elsass. Nach dem Konkurs dieses Familienunternehmens wurde das Fahrzeug im Rahmen einer Auktion in der Nähe von Mulhouse durch einen Freund von Wolfgang Boesch aus Paris ersteigert. Dies war nur unter kurzfristigem Einsatz eines Abschleppwagens und Vorlage einer Bankgarantie möglich. Der größte Teil dieser Automobilsammlung wurde vom französischen Staat übernommen. Dieses Fahrzeug ist auf Burg Strechau absichtlich in unrestauriertem Zustand zu sehen.

Glanzstücke

Das „Steyr Baby“ – Steyr 50/55 – war  das erfolgreichste Modell, das jemals  in Steyr produziert wurde.Das „Steyr Baby“ – Steyr 50/55 – war das erfolgreichste Modell, das jemals in Steyr produziert wurde.Ein Highlight der Sammlung ist der Steyr Typ II des rumänischen Königs, wovon noch der originale rumänische Zulassungsschein aus dem Jahr 1921 vorhanden ist. Als weitere Besonderheit befindet sich das weltweit einzige fahrbare Modell des Steyr 630 auf Burg Strechau. Das „Steyr Baby“ Typ 50/55 stand unter Verdacht, dem VW Käfer nachempfunden worden zu sei. Die Wahrheit ist umgekehrt. Das „Steyr Baby“ wurde bereits Anfang 1936 serienmäßig produziert. Zu dieser Zeit war der VW Käfer noch in der Entwicklung.
Der Steyr 220 war eines der ersten „Autobahn-Autos“. Damit konnte man komfortabel weite Strecken auf den damaligen Autobahnen zurücklegen.

Original Fahrzeugpläne

Der elegante Steyr 220 war schneller und kraftvoller als seine Vorgänger  – ideal und komfortabel auf weiten Strecken.Der elegante Steyr 220 war schneller und kraftvoller als seine Vorgänger – ideal und komfortabel auf weiten Strecken.Ein weiteres Unikat wird ebenfalls auf Burg Strechau beherbergt. Im Zuge der Einstellung der Automobilproduktion der „Steyr-Daimler-Puch AG“ wurde das Archiv mit 92.000 technischen Fahrzeugplänen überflüssig. Im Laufe der Zeit wollte das Unternehmen diese Sammlung abstoßen. Nach Ablehnung durch das Technische Museum Wien und die Österreichische Nationalbibliothek erhielt die Boesch Privatstiftung schließlich vor anderen Interessenten den Zuschlag mit der nunmehr erfüllten Auflage der Digitalisierung der Pläne.

Die technischen Fahrzeugpläne der Steyr-Daimler-Puch AG  haben auf Burg Strechau ein neues Zuhause gefunden.Die technischen Fahrzeugpläne der Steyr-Daimler-Puch AG haben auf Burg Strechau ein neues Zuhause gefunden.Diese Pläne befinden sich in den originalen Planschränken und können besichtigt werden. Faszinierend dabei ist die hohe Präzision, mit der detailgenau sämtliche Bauteile der Fahrzeuge dargestellt wurden. Diese zum Teil 100 Jahre alten handgezeichneten Pläne können sich ohne weiteres mit modernen EDV-gestützten Plänen messen.

Singende Steyrwägen

Die hohe Qualität der Steyr-Fahrzeuge führte auch zu Begehrlichkeiten. So schaffte es der weltberühmte Lyriker, Dramatiker und Theatermacher Bert Brecht mit der Verfassung eines Werbegedichtes für die „Singenden Steyrwägen“, dass ihm im Jahr 1928 ein Steyr XII kostenlos zur Verfügung gestellt wurde.
Weltweit Aufmerksamkeit erregte die Weltumrundung des 20-jährigen Studenten Max Reisch mit einem Steyr 100 im Jahr 1935. Die Route führte von Salzburg über Palästina, den Irak, Iran nach Afghanistan und weiter nach Indien. Nachdem es in der chinesischen Millionenstadt Shanghai erst 25 Autos gab, vergab man dort dem Steyr die Registernummer 26. Am Ende der 40.000 Kilometer langen Reise auf dem Weg von Salzburg nach Wien wurde Reisch in einen Unfall verwickelt und erreichte dadurch nicht sein Ziel. Die Weltumrundung hatte das Fahrzeug aber mit Bravour bestanden.
So gäbe es noch viel mehr über diese Fahrzeugsammlung zu berichten. Falls Ihr Interesse an weiteren Episoden geweckt wurde und vor allem, wenn Sie die Fahrzeuge in Natura besichtigen möchten, die Ausstellung ist von 1. Mai bis 31. Oktober, Dienstag bis Sonntag von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Für Gruppen gibt es Sondertermine gegen Anmeldung.

Kurioses Detail aus dem Leben  von Bertolt Brecht: Als Gegenleistung  für das Gedicht „Die singenden Steyr- Wägen“ erhielt er einen Steyr XII.Kurioses Detail aus dem Leben von Bertolt Brecht: Als Gegenleistung für das Gedicht „Die singenden Steyr- Wägen“ erhielt er einen Steyr XII. Der Steyr 530 erbrachte Höchst- geschwindigkeiten von 110 km/h.
Kurioses Detail aus dem Leben von Bertolt Brecht: Als Gegenleistung für das Gedicht „Die singenden Steyr- Wägen“ erhielt er einen Steyr XII.

Mehr Infos: www.burg-strechau.at

 

Text: Dietmar Schwab
Fotos: Boesch Privatstiftung



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