Keine spurt wie Lisa
- Autor/in: Liezener Bezirksnachrichten GmbH
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Spektakulär sieht es aus, wenn sich die Pistengeräte der Reiteralm Bergbahnen den „Finale Grande Steilhang“ in der Dunkelheit von unten nach oben arbeiten. Während ein Großteil der Menschen die Nachtruhe genießt, sorgt Lisa Zechmann für sichere und ästhetische Pisten. In einer außergewöhnlichen Seilschaft zaubert sie die optimale Unterlage für genussvolles Skifahren auf die Abfahrten der Reiteralm.
Die 27-jährige Ramsauerin ist Seilbahntechnikerin auf der Reiteralm. Sie sorgt mit ihren Kollegen für das perfekte Pistenvergnügen. (Foto: Petra Schuster) Es ist 17 Uhr. Am Fuße der Reiteralm Bergbahnen machen sich zwischen Apres-Ski-Hits, die aus den Lautsprechern des „Mühlstodl“ hallen und der hörbar ausgezeichneten Laune seiner Besucher, Motorengeräusche bemerkbar. Grelle Scheinwerfer durchbrechen die Abenddämmerung. Da und dort mischt sich noch ein Kratzen und Klopfen dazu. Es ist den Pistengeräten, die von Schnee und Eis befreit und für ihren Einsatz fertig gemacht werden, zuzuordnen.
Während für einen Großteil der Skisportler jetzt der entspannte Teil des Tages Einzug hält, beginnt für Lisa Zechmann und ihre Kollegen die Arbeit. Die 27-jährige Ramsauerin ist Seilbahntechnikerin auf der Reiteralm. Zu ihren Aufgaben gehören sowohl die Betreuung und Wartung der Liftanlagen sowie die Sicherstellung eines reibungslosen Ablaufes der Personenbeförderung an den Liften als auch das Präparieren der Pisten. 32 Kilometer Abfahrtsvergnügen bietet der sportliche Skiberg, der die 4-Berge-Skischaukel Schladming nach Westen hin abschließt. Die Instandsetzung und Instandhaltung der 32 Kilometer Skipisten, wovon 11 Kilometer leicht, 18 Kilometer mittel und 3 Kilometer schwer eingestuft werden, wird täglich ab 17 Uhr in Angriff genommen. Für Lisa, die das Team der Reiteralm Bergbahnen seit mittlerweile mehr als zehn Jahren ergänzt, Routine.
Eine außergewöhnliche Lehre
Es war der Hinweis ihrer Mutter, die auf der Reiteralm an der Kasse arbeitet. Sie ermutigte ihre Tochter, die schon seit eh und je an technischen Berufen interessiert war, sich mit verschiedenen Berufsbildern in dieser Branche auseinanderzusetzen. Gesagt, getan und so startete Lisa 2014 die Lehre als Seilbahntechnikerin bei den Reiteralm Bergbahnen. Im Rahmen einer dreieinhalbjährigen Ausbildung lernte Lisa allen Anforderungen des Berufes gewachsen zu sein. In der Landesberufsschule Hallein absolvierte die zielstrebige, junge Frau den theoretischen Teil der Ausbildung. Rückblickend weiß Lisa von der Lehrzeit einiges zu berichten. „Damals war der Anteil an Mädchen bzw. Frauen noch sehr gering. Ich glaube in der letzten Klasse, da waren wir vielleicht zu dritt. Es war allerdings nie ein Problem. Die Burschen waren meist hilfsbereit und vor allem hier bei uns in der Arbeit war immer jemand zur Stelle, wenn ich Fragen hatte, oder ich irgendwo Unterstützung gebraucht habe“, erzählt sie von ihren ersten Jahren in dieser Branche.
Auf Liftstützen klettern und mit schweren Werkzeugen hantieren ist Teil von Lisas Alltag. Das vor allem auch im Sommer. „Also rein physisch gesehen hat es ab und zu schon die Hilfe von einem Kollegen gebraucht, um bei gewissen Aufgaben dann weiterzukommen. Das ist hier im Betrieb nie ein Problem. Die Kollegen unterstützen mich. Da ist es eher einfach so, dass ich mich überwinden muss, zu fragen. Ich habe gelernt, nicht zu stolz zu sein, um um Hilfe zu bitten“, entschlüsselt die 27-Jährige das Geheimnis über das wertschätzende und gelungene Miteinander im Betrieb.
Traumhafte Pisten zaubern sich nicht von allein
Im Winter erweitert sich Lisas Aufgabengebiet. Nun gehören auch das Präparieren und Instandsetzen der Pisten zu ihrem Arbeitsbereich. Schon zu Beginn der Wintersaison wird von den Mitarbeitern dafür gesorgt, dass eine stabile und haltbare Unterlage geschaffen wird. Das rechtzeitige Beschneien ist dabei ein Faktor, der nicht absehbar ist. Die Temperaturen geben hier den Ton an. Zum Auftakt der Saison 24/25 waren diese perfekt und so stand einem sauberen Erarbeiten von Top-Pisten nichts im Weg. Top-Pisten sind allerdings auch das Ergebnis von hartnäckigem Einsatz und der Kunst, den Schnee von unten nach oben wieder an seinen Platz zu bringen. Wie einfach oder auch weniger einfach sich diese Arbeit gestaltet, hängt von mehreren Faktoren ab. Einer der Faktoren ist die Hangneigung. Lisa Zechmann ist mit ihrem Pistengerät auf sämtlichen Pisten unterwegs und kennt die Beschaffenheit aller sehr gut. „Ich bin sogenannte ‚Springerin‘. Ich muss also alle Pisten kennen und wissen, was wo zu tun ist. Heute präpariere ich eine blaue und zwei rote Abfahrten. Die Steilhänge sind da schon wesentlich anspruchsvoller. Die schwarzen Pisten weisen zum Teil über 40 Grad Neigung auf. Das ist dann schon recht steil“, lächelt Lisa verschmitzt und steigt über die Lamellen der Metallraupen in ihr Pistengerät ein. Die motivierte Ramsauerin nimmt in der geräumigen Kabine des modernen Arbeitsfahrzeuges, das mit Displays, Kameras, einem Joystick, einem Bedienerboard, LED-Beleuchtung und weiterer Technik ausgestattet ist, Platz. Sie startet den Motor und bedient den Touchscreen am Display. „Hier kann ich sehen, wie die Gegebenheiten der einzelnen Areale sind und wo gearbeitet wird!“, sagt sie und fokussiert auf den Bereich, den sie heute als erstes zu erledigen hat.
Mensch und Maschine – eine Seilschaft für die Sicherheit
Lisa beherrscht die Kunst, den Schnee selbst auf steilen Hängen von unten nach oben zu bewegen und die Pisten perfekt auszugleichen. „Early-Bird-Skifahrer“ finden dank ihres Einsatzes ein perfektes Finish auf vielen Kilometern vor. (Fotos: Petra Schuster)Der Ablauf ist jeden Tag ähnlich. Um 16 Uhr Treffpunkt im Büro. Dort schaffen sich Lisa und ihre Kollegen einen Überblick über die tagesaktuelle Situation. Nach der gemeinsamen Lagebesprechung werden die Geräte überprüft und getankt. Von 17 Uhr abends bis 8 Uhr des Folgetages sind alle Pisten gesperrt. Somit gibt es für die Pistengerätefahrerin mit dem Zeitpunkt der Pistensperre grünes Licht, ihre Schicht zu starten.
Und um Punkt 17 Uhr setzt sich die beachtliche Kolonne von Pistenfahrzeugen sachte in Bewegung. Lisa fährt schnurstracks zu einer der roten Abfahrten, die heute am Programm steht. Die Reiteralm verzeichnete heute einen guten Skitag. 7.000 Wintersportler nutzten die einzigartigen Hänge des obersteirischen Skiberges, der bereits zum fünften Mal mit dem internationalen Pistengütesiegel ausgezeichnet wurde. Für die „Schneetechnikerin“ gibt es heute viel zu tun. „In erster Linie muss ich jetzt den Schnee, den die Skifahrer an verschiedenen Stellen durch Rutschen und Gleiten hangabwärts geschoben haben, wieder an die richtigen Stellen bringen. Dann natürlich die gesamte Piste an- und ausgleichen und dafür sorgen, dass die ‚Early-Bird-Skifahrer‘ dann morgen ein perfektes Finish vorfinden. Du weißt schon – Finish, das sind diese gleichmäßigen Rillen, die sich auf einer frischen und unverspurten Piste ins Tal ziehen“, erklärt Lisa, die ihre Augen während der Fahrt aufmerksam auf die Umgebung richtet. In wenigen Minuten wird die mutige Seilbahntechnikerin mit voller Aufmerksamkeit ihren Aufgaben nachgehen und sich mit dem Pistengerät an der Winde befestigen, die ein Abrutschen des Pistenfahrzeugs verhindert.
Mondschein-Wellness für die Skiberg-Seele
Der Abendhimmel legt nach und nach hell funkelnde Sterne frei. Die Scheinwerfer des Pistengerätes leuchten den Hang aus. Lisa arbeitet sich geduldig hoch. Mit Sorgfalt bereitet sie die Unterlage für Pistengenuss vom Feinsten vor. Auch auf den anderen Hängen wird der Untergrund für einen Tag voller Pistenzauber vorbereitet. Bis circa 1 Uhr morgens sind die Mitarbeiter der Reiteralm Bergbahnen mit dem Präparieren beschäftigt. Es sei denn, es schneit über Nacht. Dann wird es eine recht knackige Schlafeinheit für Lisa. Denn dann muss sie gegen 4 Uhr nochmal erscheinen und ihr Fahrzeug abermals über die Pisten bewegen. Wegen dem Finish – du weißt schon. Diesen gleichmäßigen Rillen, die sich ins Tal ziehen. Und eines ist dabei ganz klar. Jeder Mitarbeiter zieht hier seine ganz eigene Spur, aber keiner spurt wie Lisa.
Text: Petra Schuster
Auf der Reiteralm laden 32 Kilometer hervorragend präparierte Pisten mit langen, breiten Abfahrten zum Skifahren und Snowboarden ein. (Foto: Reiteralm Bergbahnen)