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Wenn das Ende gut werden soll – Grabgestaltung in weiblicher Hand

Der Tod – wohl eines der schwierigsten Themen überhaupt, vor dem sich manche Menschen so lange verschließen, bis sie eines Tages plötzlich selbst damit konfrontiert werden. Steinmetzin Kerstin Strodl aus Stainach gelingt schon seit vielen Jahren der Spagat zwischen Einfühlungs-
vermögen und Professionalität. Mit edlen und geschmackvollen Grabgestaltungen begleitet sie Angehörige ein Stück auf ihrem Weg und schafft es dabei, ihnen zumindest einen Teil der Schwere zu nehmen.

Wenn das Ende gut werden soll – Grabgestaltung in weiblicher Hand Foto: Mona Dorrer

Bereits im Eingangsbereich des Betriebs der Familie Strodl stehen allerlei Objekte Spalier: steinerne und bronzene Engel und Vögel, betende Hände und kunstvoll verschlungene Kreuze; Urnen und Grablaternen, Muster von Schriften, Materialien und Zeichen. Ein schwarz-weiß-grauer Pool an Möglichkeiten, die sich hier als Bausteine einer gelungenen Grabgestaltung präsentieren.
Im Büro empfängt uns Kerstin mit einem warmen Lächeln und wir bekommen sofort einen Eindruck davon, dass man sich als „Betroffener“, der hierherkommt, um für einen geliebten Verstorbenen die letzte Ruhestätte zu besprechen, sehr gut aufgehoben fühlt.

Verstecken spielen hinter Grabsteinen

Kerstin Strodl führt den Betrieb, 1897  von Johann Strodl gegründet, in der  sechsten Generationenfolge. Seit 2010 wird sie von ihrem Lebensgefährten  Markus Stiegler unterstützt.Kerstin Strodl führt den Betrieb, 1897 von Johann Strodl gegründet, in der sechsten Generationenfolge. Seit 2010 wird sie von ihrem Lebensgefährten Markus Stiegler unterstützt.Schon als Kind war es für Kerstin und ihre beiden älteren Schwestern völlig normal, neben ihrem Zuhause unzählige Grabsteine, Einfassungen, Urnen und Rohmaterial zu haben.
Die großen Schwestern entschieden sich für ein Leben in Wien, so wuchs die Jüngste ganz selbstverständlich in ihre Rolle als Unternehmerin hinein. Nach der Lehre zur Steinmetzin absolvierte sie die Unternehmerschule, bald darauf wurde sie Mama von zwei Söhnen und legte in dieser Zeit noch die Ausbildung zur Finanzbuchhalterin oben drauf. Als ihr Vater relativ spontan die Pension antrat, wagte die junge Frau, rückengestärkt durch ihren Partner Markus und natürlich die Eltern, den Schritt in die Betriebsübernahme. Seitdem führt sie den Familienbetrieb mit langjährigen Mitarbeitern, seit 2010 ist ihr Lebensgefährte, „ohne dessen Unterstützung ich das alles gar nicht schaffen würde“, mit von der Partie und inzwischen auch ihr älterer Sohn, der die HTL in Hallein mit dem Spezialgebiet „Steinmetz“ absolviert hat.

„Natürlich ist der tägliche Umgang mit dem Tod nicht immer leicht. Manche Fälle gehen einem schon nahe, etwa wenn es sich um verstorbene Kinder, tragische Unfälle oder Bekannte handelt“, räumt die sympathische Unternehmerin ein. Die eigenen Eltern musste Kerstin vor nicht allzu langer Zeit selbst gehen lassen, daher weiß sie ganz genau, wie schmerzhaft dieser Verlust sich anfühlt und kann dadurch wohl mittlerweile noch besser auf ihre Kunden eingehen. Größtenteils ist es aber schlicht und einfach Arbeit, die es zu erledigen gilt. Aufträge, die abends im Betrieb gelassen und mental nicht mit nach Hause genommen werden.

Kreativität von Hand gefertigt

steinmetzin2Kerstin bewegt sich täglich, je nach Dringlichkeit, zwischen Werkstatt, Kundenterminen und Büroarbeit. Der Gestaltung und somit den Kundenwünschen sind wenig Grenzen gesetzt, natürlich immer im Rahmen der Pietät. Die vielen „Stein-Pakete“, die sich neben dem Gebäude tummeln, sind Grabeinfassungen und -steine, die von bestehenden Gräbern am Friedhof entfernt wurden, um Platz für den Bagger und die Bestattung eines weiteren Verstorbenen, der zum Beispiel in ein Familiengrab dazukommt, zu ermöglichen. Etwa ein Jahr sollte den Erdbewegungen und dem „Nachsitzen“ der Erde gelassen werden, danach werden Einfassung und Grabstein wieder angebracht und der Name des zusätzlichen Familienmitglieds sowie weitere Details ergänzt.
Auch Kombinationen zwischen Erdgrab und Urne sind möglich. Im Erdreich angebrachte Urnen aus verrottbarem Material, ebenso wie oberirdisch platzierte Urnen oder auch Steinsäulen, in deren Innenraum zwei bis drei Urnen Platz finden.
Grabsteine zeigen sich heute sehr individuell. „Für leidenschaftliche Bergsteiger haben wir etwa schon die Umrisse von Grimming und Kamm gestaltet“, erzählt Kerstin aus ihrem Arbeitsalltag. Auch die Umrisse des „Ayers Rock“ in Australien, die an einen besonders schönen Urlaub erinnern sollten, einen Hirsch für einen begeisterten Jäger, einen Zug für einen Bahnbediensteten, eine Weltkugel für eine Reisebegeisterte oder auch glitzernde Sterne wurden bereits gewünscht. Fotos der Verstorbenen am Grabstein werden immer häufiger in Auftrag gegeben, teilweise alte Schwarz-Weiß-Bilder oder auch aktuelle Farbexemplare. Eine schöne Erinnerung, die Friedhofbesuchern wohl oft ein Lächeln entlockt mit dem Gedanken, „ja genau, so hab ich ihn in Erinnerung!“

Vorsorge zu Lebzeiten

steinmetzHeutzutage nicht ungewöhnlich: viele Menschen organisieren sich bereits zu Lebzeiten und bei guter Gesundheit ihre letzte Ruhestätte. Vorwiegend in Urnen-Nischen werden bereits Plätze reserviert, Steinplatten angebracht und manchmal sogar schon der Name eingraviert, einzig der Platz für das Sterbedatum bleibt noch frei. „Eine Bekannte hat mir einmal ganz stolz erzählt, sie habe sich gerade ihre letzte Eigentumswohnung gekauft“, erinnert sich Kerstin lachend.
Viele Gräber werden mittlerweile aufgelassen, oft leben die Angehörigen weiter weg und finden keine Zeit mehr für die Pflege. Relativ mühelos kann so ein Grabstein wieder auf Vordermann gebracht, abgeschliffen und poliert werden und somit eine kostengünstige Möglichkeit für einen neuen Verwendungsort darstellen.

Bei all den spannenden Möglichkeiten, die letzte Ruhestätte zu gestalten, interessiert uns sehr, welche Art und Weise sich Kerstin für ihr eigenes letztes Heim wünscht. Sie lacht und meint: „Ich hab schon zu meinen Söhnen gesagt – deat´s wos woits!“ ◻

Text und Fotos: Mona Dorrer



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