Frauenstatuetten in Österreich
- Autor/in: Mag. Wolfgang Riedl
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Unsere Reise zu steinernen Monumenten hat uns in den letzten Ausgaben u. a. nach Südengland, in den Pazifik und nach Ägypten geführt. Nun kehren wir wieder nach Österreich zurück, das auch Dokumente aus der Steinzeit zu bieten hat. Zwar sind diese nicht so monumental, dafür aber äußerst geheimnisvoll.

Am 7. August 1908 wurde bei Arbeiten zur Errichtung der Donauuferbahn in Willendorf in der Wachau in einem Boden aus Sand und Asche eine elf Zentimeter große Venusfigurine entdeckt. Das Alter dieser kleinen Figur konnte mithilfe radioaktiven Kohlenstoffs auf 30.000 Jahre datiert werden. Sie ist somit viel älter als die ca. 4.500 Jahre alten Pyramiden von Gizeh oder das rund 5.000 Jahre alte Stonehenge und wird der jüngeren Steinzeit zugerechnet.
Herausgearbeitet ist sie aus einem speziellen Kalkstein, der aus kleinen 0,3 bis ein Millimeter großen Kalkkügelchen besteht. Ein derartiges Vorkommen aus der Jurazeit liegt etwa 135 Kilometer vom Fundort entfernt: Stránska skála, am Stadtrand von Brünn in Mähren gelegen, ein multifunktionales, nationales Naturdenkmal, das als Dokument für eine jungsteinzeitliche Steinindustrie sowohl von geologischem und paläontologischem als auch von archäologischem Interesse ist.
In der näheren Umgebung von Willendorf sind mit der Venus von Dolní Věstonice in Mähren oder der Venus von Moravany in der Slowakei vergleichbare Funde bekannt. Forscher gehen davon aus, dass diese Kunstwerke die religiösen Vorstellungen vor dem Höhepunkt der letzten Kaltzeit widerspiegeln, als Mangel an Nahrung herrschte, die Bevölkerungsdichte zurückging und der Homo sapiens Mitteleuropa schließlich verließ.
Im Gebiet rund um St. Florian legten Straßenbauarbeiten 1986 eine neolithische Kreisgrabenanlage frei. Sie ist ein Dokument dafür, dass Menschen am Ende der Mittelsteinzeit das fruchtbare Land entlang der Donau besiedelten. Funde wie Lochbeile berichten aus dieser Zeit. Eine fast 8.000 Jahre alte kleine Venusfigur aus gebranntem Ton, die Venus von Ölkam, ist ein wichtiger Mosaikstein zum neolithischen Bild von St. Florian.
Die körperlichen Merkmale der beiden Statuetten sind sehr unterschiedlich. Während bei der Venus von Willendorf Brüste und Bauch betont sind, bleiben bei der Venus von Ölkam Brüste, Arme und Beine sowie der Kopf nur angedeutet, dafür sind Oberschenkel und Gesäß betont.
Steine lügen nicht, haben eine komplizierte Sprache und sind deshalb recht schwer zu befragen. Leichter wird’s mit einem Dolmetscher, der „Steinisch“ spricht.

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